Insulinresistenz (IR) – Risikofaktor für Herzkreislauferkrankungen / Promotor des „Kardio-metabolischen Syndroms“?
Die Insulinresistenz gilt als charakteristisches Merkmal des Typ 2 Diabetes mellitus und neben der Insulinsekretionsstörung als wichtiger Aspekt in der Krankheitspathogenese. Doch nicht nur der Typ 2 Diabetes, sondern auch andere metabolische und kardiovaskuläre Risikofaktoren / Erkrankungen werden mit der Insulinresistenz assoziiert.
Offen ist allerdings, ob in der Tat ein direkter Kausalzusammenhang existiert, so wie es bisher Untersuchungen aus den USA vermuten lassen. Allerdings sind diese epidemiologischen Analysen an „Mischpopulationen“ und sehr heterogenen Kollektiven durchgeführt worden, so dass eine Übertragung der Ergebnisse auf „Kaukasier“ (= Westeuropäer) nicht möglich ist.
Ein Kritikpunkt an diesen Studien ist jedoch auch, daß sie meist den Surrogatparameter der Hyperinsulinämie verwendeten. So läßt sich nicht zuordnen, ob das erhöhte kardiovaskuläre Risiko tatsächlich auf die Insulinresistenz oder auf die erhöhten Insulinspiegel oder aber auf andere mit der Insulinresistenz oder der Hyperinsulinämie assoziierte Faktoren (= „Insulinresistenz-Syndrom“) zurückgeht.
Fest steht allerdings, dass diese Insulinresistenz, charakerisiert durch eine schlechte periphere Zuckeraufnahme und hohe Insulinspiegel die Entstehung zahlreicher Erkrankungen initiiert:
Bis heute ist trotz der nachgewiesenen Assoziationen nicht geklärt, welche Rolle die Insulinresistenz per se bei der Entstehung und Progression der Atherosklerose spielt und ob sie ein von den etablierten klassischen Risikofaktoren unabhängiger Parameter ist, der das kardiovaskuläre Risiko zusätzlich erhöht.
Der Goldstandard zur Messung der IR ist die sogenannte Clamp – Technik. Unter konstanter Insulininfusion wird Glucose infundiert: je mehr Zucker durch den Organismus bei konstanten Insulinkonzentrationen aufgenommen wird, desto besser ist die Insulinwirkung.
In der EU-RISC – Studie wurde erstmals in der Welt eine komplette Phäno- und Genotypisierung an gesunden Personen durchgeführt (→ EU-RISC-Studie), die in den nächsten Jahren die offenen Fragen zu diesem Thema des „Kardio-Metabolischen Syndroms“ beantworten wird.
Die medizinische „Black Box“: Adoleszenz
Kinder gehen in der Regel bis zu Beginn der Pubertät zum Kinderarzt, bei späteren Problemen wird in der Regel nur ganz selten der Hausarzt aufgesucht, so dass erst im erwachsenen Alter der Kontakt zum Hausarzt regelmäßig gesucht wird. Deshalb ist die Altersphase zwischen 15 und 25 Jahren eine „medizinische Blackbox“: die Medizin weiß nur sehr wenig über Stoffwechsel- und Gefäßveränderungen in dieser Altersklasse, die in der Regel eher mit sich selber (mit der eigenen Entwicklung in geistiger und körperlicher Hinsicht) beschäftigt ist, als mit dem Thema „Gesundheit“.
Neben den hormonellen Veränderungen und der dadurch nachfolgenden Ausprägung des männlichen oder weiblichen Phänotyps finden physiologischerweise auch Veränderungen im Zuckerstoffwechsel statt: mit den ansteigenden Östrogen- Gestagen- und Testosteronkonzentrationen, der Proportionierung neuer Fettdepots und Aufbau der Muskulatur nimmt die Insulinempfindsamkeit des Organismus ab (Pediatr.Res. 2000, 384-8). Dadurch verschlechtern sich die Glucoseaufnahme und die anschließende Glucoseverwertung. Diese „natürliche Insulinresistenz“ nimmt mit der Dauer der Pubertät ab und scheint sich bereits mit der völligen Ausprägung des Erwachsenenphänotyps zu normalisieren.
Fragestellung in der „Frankfurter Schulstudie“, eine Kooperation des isf mit der Hanwerkskammer Rhein-Main: Einfluss von Lebensstil auf Insulinresistenz, Endothelfunktion und Intima-Media-Dicke (= Atherosklerose).
Nach abgeschlossener Pubertät scheinen in der Regel Bewegungsmangel und Übergewicht den Zuckerstoffwechsel zu dominieren. Untersuchungen aus Finnland und den USA konnten zeigen, dass sowohl bei Kindern mit Übergewicht, als auch bei Jugendlichen mit Übergewicht und Bewegungsmangel die Insulinwirkung deutlich gestört ist. Je höher die Insulinkonzentrationen sind, um den Zucker in normalen Bahnen zu halten, desto stärker ausgeprägt ist die so genannte Insulinresistenz. Die Insulinresistenz bedeutet für die Gefäße dieser Kinder und Jugendlichen, dass die hohen und lang wirkenden Insulinkonzentrationen die Gefäße unelastisch machen (Int.J.Obes., 2005, 142-148, Circulation 2005, 112.1789-97).